RNA-Interferenz
Die durch doppelsträngige RNA (dsRNA) induzierte RNAi beschreibt Mechanismen, die Gene auf transkriptioneller, post-transkriptioneller und translationaler Ebene stumm schalten können. Bei der transkriptionellen Geninaktivierung werden die Regulationselemente der Gene durch epigenetische Veränderungen ausgeschaltet. Die post-transkriptionelle Stummschaltung resultiert aus dem spezifischen Abbau von RNA während der Abbruch der Translation auf Prozessen beruht, die noch weitgehend ungeklärt sind. Wegen der Vielfalt, mit dem die RNAi in die Genregulation aller Eukaryonten eingreifen kann, zählt die Aufklärung der RNAi Mechanismen heute zu den bedeutendsten Arbeiten in der Biologie und Medizin (Nobelpreis für Medizin, 2006). Alle RNAi Mechanismen teilen sich zwar gemeinsame Komponenten, aber in den meisten Fällen sind für die transkriptionelle, die post-transkriptionelle und die translationale Geninaktivierung spezifische Mitglieder verschiedener Enzymfamilie essentiell. Zu diesen Enzymklassen zählen hauptsächlich Formen der Dicer- (DCR) oder in Pflanzen der Dicer-like- (DCL), der Argonaut- (AGO) und der RNA-dirigierte RNA Polymerase- (RDR) Proteine. Pflanzen verfügen über ein vollständiges und eines der vielfältigsten Sortimente dieser Enzyme. Es ist deshalb verständlich, dass viele Erkenntnisse über die RNAi durch Studien pflanzlicher Systeme gewonnen wurden. Darüber hinaus akkumulieren Pflanzen alle Arten kleiner regulatorischer RNAs zu denen in erster Linie die short interfering RNAs (siRNAs), die microRNAs (miRNAs) und die trans-acting short interfering RNAs (tasiRNAs) zählen. Ein weitere Vorteil, Pflanzen als Modellsystem zu verwenden, beruht auf der Kenntnis unzähliger Pflanzenviren, die für sog. silencing suppressor Proteine kodieren. Diese Proteine können verschiedene Prozesse der RNAi unterdrücken und werden deshalb als Werkzeug genutzt, die RNAi im Detail aufzuklären.
Laufende Projekte
Innovative RNA Interferenz (RNAi)-vermittelte Bekämpfung von H. fraxineus, dem Erreger des Eschentriebsterbens
Demonstrationsprojekt Erhalt der Gemeinen Esche (FraxForFuture)
Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe (FNR) 2219WK22H4, Laufzeit 7/2020 – 12/2023
Die Gemeine Esche (Fraxinus excelsior) ist in ganz Deutschland und in weiten Teilen Europas durch den aus Ostasien stammende Schlauchpilz Eschenstengelbecherchen (Hymenoscyphus fraxineus) bedroht. Der Pilz verursacht das Eschentriebsterben durch eine parasitäre Lebensweise im Gewebe der Esche (Abb. 1).
In dem FraxForFuture-Verbundprojekt des FNR untersuchen wir, im Rahmen des FraxPath-Unterverbunds, ob RNA-Interferenz als Bekämpfungsmethode gegen den Pilz eingesetzt werden kann. Es werden verschiedene Doppelstrang-RNAs (dsRNAs) hergestellt, die durch Stamminjektion (Abb. 2) in die Esche appliziert werden und sich über die Leitbahnen in der ganzen Pflanze bis in die Blätter verteilen. Das Eschenstengelbecherchen sollte bei Befall von derart behandelten Eschen die dsRNA aufnehmen wodurch der RNA-Interferenz (RNAi) -Mechanismus im Pilz aktiviert wird (siehe RNA-Interferenz). Die applizierte dsRNA wird so entworfen, dass lebensnotwendige Gene im Pilz stillgelegt werden, und infolgedessen eine Infektion gestoppt werden könnte.
Entwicklung einer RNA-Stammapplikationsmethode für eine RNA-Interferenz-basierte Abwehr von Pflanzenpathogenen
Fonds für die Entwicklung ländlicher Räume in Rheinland-Pfalz (FELR)
Projektnummer 137 und Bauern- und Winzerverband RLP Süd e.V.
In diesem Projekt soll eine hochwirksame, umweltschonende RNA-Interferenz-basierte Alternative zu chemischen Pflanzenschutzmitteln entwickelt werden (siehe RNA-INTERFERENZ). Vermittelt durch die RNAi können hochspezifisch Gene eines Schaderregers still gelegt und dieser damit direkt am Schadort bekämpft werden (Abb. 1).
In dem FraxForFuture-Verbundprojekt des FNR untersuchen wir, im Rahmen des FraxPath-Unterverbunds, ob RNA-Interferenz als Bekämpfungsmethode gegen den Pilz eingesetzt werden kann. Es werden verschiedene Doppelstrang-RNAs (dsRNAs) hergestellt, die durch Stamminjektion (Abb. 2) in die Esche appliziert werden und sich über die Leitbahnen in der ganzen Pflanze bis in die Blätter verteilen. Das Eschenstengelbecherchen sollte bei Befall von derart behandelten Eschen die dsRNA aufnehmen wodurch der RNA-Interferenz (RNAi) -Mechanismus im Pilz aktiviert wird (siehe RNA-Interferenz). Die applizierte dsRNA wird so entworfen, dass lebensnotwendige Gene im Pilz stillgelegt werden, und infolgedessen eine Infektion gestoppt werden könnte.

Abb.1 (Dalakouras et al., 2020): Schematische Darstellung der Wirkungsweise der RNAi auf pflanzeneigene Transkripte (oben links),
infektiöse Viren (unten links), pflanzenangreifende Insekten (oben rechts) und auf pflanzenbefallende Pilze (unten rechts).
Mit transgenen Pflanzen, konnte das Potential der RNAi zur Bekämpfung von Pflanzenpathogenen bereits eindrucksvoll dokumentiert werden. Als Alternative zu transgenen Ansätzen kann man die exogene Applikation von RNA-Molekülen, w.z.B. die Hochdrucksprüh-Methode, die Stamm- und Blattstiel-Applikation sowie die "carbon dot" (CD) –Methode (CDs bestehend aus umweltverträglichen Kohlenstoffverbindungen, die u.a. Nukleinsäuremoleküle binden können), nutzen. Die Stamm-Applikation ist für holzige Pflanzen (Weinstöcke, Obst- und Stadtbäume) eine aussichtsreiche Methode. Allerdings ist dieses Verfahren bisher auf die Zuführung von RNA in das Wassertransportsystem der Pflanze (Xylem) beschränkt, und somit nur für die Bekämpfung von Xylem-invasiven Pathogenen oder Fraßinsekten geeignet. Viren (z.B. Plum Pox Virus, PPV), die sich in der PflanzenWirtszelle vermehren, werden durch das bisherige Verfahren nicht erreicht.
CDs können nicht nur die pflanzliche Zellwand durchdringen, sie können auch kleine RNA-Moleküle binden. Durch Niederdrucksprühen von CD-RNA-Komplexen konnte RNA bereits effektive in Pflanzenzellen eingeführt werden. Wir wollen durch Stammapplikation von CD-RNA-Komplexen in holzige Pflanzen eine systemische Ausbreitung der eingeführten RNA erzielen. Damit wäre es möglich, Schaderreger wie das PPV in Obstbäumen ohne einen transgenen Ansatz zu bekämpfen.

Abb. 2:
abRNA = aberrant RNA; AGO = Argonaute proteins;
DCL = dicer-like proteins; dsRNA = double stranded RNA;
HEN1 = Hua Enhancer 1 protein; siRNA = short interfering RNA;
RDR = RNA-directed RNA polymerase;
RISC = RNA-induced silencing complex
Kürzlich Abgelaufene Projekte
Untersuchung der transitiven und systemischen
RNA-vermittelten Geninaktivierung in Pflanzen
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG), Laufzeit: 02/2016-01/2019
Nach RNAi-vermittelter Spaltung von RNA werden diese meistens vollständig abgebaut. Allerdings werden in Pflanzen gelegentlich einige der Ziel-Transkripte von RDRs (Wassenegger und Krczal, 2006) in sog. sekundäre dsRNAs transkribiert, die von DCLs in sekundäre siRNAs prozessiert werde. Dieser sich in 5'- und 3'-Richtung von der primären Zielregion ausbreitende Prozeß wird Transitivität oder transitive silencing genannt. Die mechanistischen Details der Transitivität sind weitgehend unbekannt. Neben der Transitivität findet man in Pflanzen das sog. systemische silencing. Über lange Distanzen wandernde Signale können in Zellen produziert werden, in denen lokales silencing aktiviert wurde. In Zellen, die solche Signale aufnehmen, kann systemisches silencing von homologen Transkripten induziert werden. Interessanterweise sind Transkripte von Transgenen aus bisher ungeklärten Gründen generell deutlich anfälliger für Transitivität und systemisches silencing, als die Transkripte von Endogenen (Dadami et al., 2013; Dadami et al., 2014).
Wir untersuchen derzeit, ob das Einbringen eines vermeintlichen RNAi-Auslösers schon ausreicht, um systemisches silencing zu initiieren, undwelche Voraussetzungen für die Initiation von Transitivität und systemischen silencing für transgene und endogene Ziel-Transkripten gegeben sein müssen. Die Verwendung von synthetischen siRNAs erlaubt dabei erstmals die Beschaffenheit von RNAi-Auslösern genau zu studieren (Dalakouras et al., 2016).

Gene und Mutationen, die Virusinfektionen von Raps beeinträchtigen (GAMAVIR)
Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), Transnationale Pflanzen(genom)forschung (Plant-KBBE), Laufzeit: 04/2014-03/2017
In diesem Projekt sollen Erkenntnisse darüber gewonnen werden, wie Virus-induzierbare regulatorische Netzwerke, die auf Wechselwirkungen zwischen kleinen RNAs und deren Zielsequenzen beruhen, zur Etablierung von Virus-Infektionen in Raps beitragen. Dabei soll speziell der Einfluß von Temperaturänderungen auf die Aktivierung pflanzlicher Abwehrprozesse und die Ausprägung von Krankheitssymptomen untersucht werden. Weiterhin soll die Funktion Virus-induzierter Raps-Gene aufgeklärt werden
